Impedanztransformation auf einer Übertragungsleitung
Als Funkamateur ist man hin und wieder mit der Herausforderung konfrontiert, eine Antenne an einen Transceiver über eine Übertragungsleitung anzuschließen. Oft ist dabei die Impedanz der Antenne unterschiedlich von der Impedanz der Übertragungsleitung und des Transceivers. Die Impedanz von Transceiver und einer typischen Coax Übertragungsleitung ist üblicherweise 50Ω im Amateurfunkbereich. Die Impendanz der Antenne ist je nach technischen und Gegebenheiten und Umgebungseinflüssen unterschiedlich.
Eine Übertragungsleitung transformiert je nach Länge die Impedanz der Antenne. Eine gut bekannte Formel wird z.B. von Chipman [1] S.134 Formel 7.15 angegeben:
In dieser Formel ist \(Z_d\) die Impedanz in einem Abstand von der Last \(d\) zur Antenne, \(Z_l\) ist die Impedanz an der Last (also der Antenne) und \(Z_0\) ist die characteristische Impedanz der Übertragungsleitung und des Transceivers, typischerweise 50Ω. \(\gamma\) ist der komplexe Übertragungskoeffizient, diesen kann man in den Real- und den Imaginärteil aufteilen, wobei dann \(\alpha\) die Dämpfung in Neper/m und \(\beta\) die Phasenkonstante ist, \(j\) ist die imaginäre Einheit (oft auch als \(i\) geschrieben aber in der Elektrotechnik meist als \(j\)):
Es wird manchmal behauptet, dass ein Kabel das Stehwellenverhältnis am Transceiver verbessern kann, weil es die Impedanz transformiert. Dies stimmt aber nur dann, wenn die characteristische Impedanz des Kabels unterschiedlich von der Impedanz des Transceivers ist (wenn wir annehmen dass das Kabel verlustfrei ist was in vielen Fällen von kurzen Kabeln gilt) was ich im folgenden zeigen werde.
Im verlustfreien Fall ist \(\alpha\) in der obigen Formel 0. Wir können \(\beta\) über die Frequenz und schließlich über die Wellenlänge \(\lambda\) ausdrücken:
und:
Die Frequenz \(f\) ist in Hz, \(c\) ist die Lichtgeschwindigkeit und \(\mathbb{VF}\) der Verkürzungsfaktor (im Englischen velocity factor) der Übertragungsleitung. Wenn wir die Entfernung von der Last \(d\) in Chipman's Formal als Vielfaches von \(\lambda\), \(l_\lambda\) ausdrücken, kürzen sich \(f\), \(c\) und \(\mathbb{VF}\), und wir bekommen für den verlustfreien Fall:
Der komplexe Reflexionskoeffizient \(\rho\) ist (siehe z.B. bei Chipman [1] 7.9 S.128):
wobei \(Z\) die Impedanz am Punkt der Leitung ist wo wir den Reflexionskoeffizienten wissen wollen. Daraus können wir das Stehwellenverhältnis berechnen (vgl. z.B. Chipman [1] 8.21 S.165) das ich hier mit \(S\) bezeichne:
Ein einfaches Python Programm (Python ist angenehm für solche Berechnungen weil es komplexe Zahlen unterstützt und freie Software ist) um obiges zu berechnen könnte wie folgt aussehen:
from math import e, pi def impedance (z_load, l_lambda, z0 = 50.0): zl = z_load / z0 ex = 2j * pi * l_lambda lp = e ** (ex) * (zl + 1) lm = e ** (-ex) * (zl - 1) return z0 * (lp + lm) / (lp - lm) def vswr (z, z0 = 50.0): absrho = abs ((z - z0) / (z + z0)) return (1 + absrho) / (1 - absrho)
Wenn wir das nun für einige Punkte berechnen, z.B. für eine Antenne mit 72Ω und für einige Vielfache von \(\lambda\) bekommen wir immer den selben Wert für das Stehwellenverhältnis:
\(l_{\lambda}\) |
\(Z_d\) |
\(S\) |
---|---|---|
0 |
72+0j |
1.44 |
1/8 |
46.85-17.46j |
1.44 |
3/8 |
46.85+17.46j |
1.44 |
1/4 |
34.72-1.59j |
1.44 |
1/2 |
72+0j |
1.44 |
Zu beweisen dass das Stehwellenverhältnis immer gleich ist, egal wie lang die Übertragungsleitung ist, wird an dieser Stelle als Hausaufgabe für den Leser gelassen. Ein Hinweise: Es genügt zu zeigen dass der Absolutbetrag von \(\rho\) gleich bleibt.
Der interessantere Fall ist aber nun, wenn wir Kabelverluste mit
einbeziehen. Ich habe ein Stück Software geschrieben, das das Verhalten
einer Coax Leitung aus den Herstellerangaben berechnen kann, eine Idee
die schon vor langer Zeit von Frank Witt, AI1H [2] publiziert wurde.
Die Implementierung ist Teil meines Open Source antenna-optimizer
Projekts. und beinhaltet ein kleines Programm namens coaxmodel
.
Mit diesem kann die Impedanz (und Stehwellenverhältnis) für ein echtes
Kabel berechnet werden. Die Implementierung enthält schon die Modelle
einiger Kabel aber es ist recht einfach, neue dazuzugeben (siehe am Ende
von coaxmodel.py
). Zusätzlich kann man damit auch Anpassungen mit
Hilfe einer Stichleitung berechnen: Wenn man ein Stück
Übertragungsleitung parallel zur Speiseleitung in einem bestimmten
Abstand zur Last anschließt (dieses Stück heisst dann Stichleitung)
transformiert sich die Impedanz auf eine Weise dass der Generator (der
Transceiver) eine Last von 50Ω sieht. Für obiges Beispiel würde
es z.B. berechnen (Nur ein Teil der Ausgabe ist hier wiedergegeben,
probieren Sie es selbst):
% coaxmodel -z 72 -f 435e6 -l .057 match 0.06 m at 435.00 MHz with 100 W applied Load impedance 72.000 +0.000j Ω Input impedance 46.857 -17.433j Ω VSWR at load 1.440 VSWR at input 1.439 Inductive stub with open circuit at end: Stub attached 0.06246 m from load Stub length 0.20224 m Resulting impedance 50.00 -0.00j
Das verrät uns dass ein 5.7cm Stück Übertragungsleitung die 72Ω Impedanz an der Last (Antenne) in eine 46.86-17.43jΩ Impedanz am Eingang der Übertragungsleitung transformiert. Es wird auch klar dass sich das Stehwellenverhältnis durch Kabelverluste ganz leicht verbessert hat und dass man diesen Unterschied bei dieser Länge des Kabels vernachlässigen kann.
Wenn man nun eine 20.2cm Stichleitung von 50Ω mit einem offenen Ende parallel zur Speiseleitung im Abstand von 6.2cm von der Last anschließt, wird die Impedanz auf 50Ω transformiert mit einem Stehwellenverhältnis von 1:1.